Den österreichischen Arbeitern von Rudolf Lavant
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Der Arbeit treues Volk im Osten, |
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Vom roten Banner überwallt – |
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Wie stehst Du ernst auf Deinem Posten, |
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In stummem Trotz die Faust geballt. |
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Die Stirn zu Furchen und zu Wellen |
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Zerpflügt vom ehernen Geschick, |
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Und doch im Auge stets den hellen, |
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Den stolzen Ueberwinderblick! |
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Der Büttel Schwarm, der Troß der Pfaffen, |
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Sitzt Dir im Nacken immerfort. |
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Du aber schleifst die treuen Waffen |
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Und lauschst der Wahrheit klarem Wort. |
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Ergriffen hat Dich ein Gedanke |
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Im tiefsten Sein mit Zaubermacht, |
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Und niederbrichst Du jede Schranke |
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Und suchst den Weg in Sturm und Nacht. |
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Du hast für die Idee geblutet |
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Die Faust voll Schwielen und voll Ruß; |
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Ein Meer von bittern Tränen flutet |
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An Deiner stolzen Dränger Fuß. |
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Sie knirschen grimmig mit den Zähnen: |
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Der arme, der getretene Knecht |
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Erkauft sich doch mit Blut und Tränen |
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Sein unveräußerliches Recht. |
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Wohl mögen unter sich sie hadern |
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Und giftig sich ins Auge schaun, |
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Doch rieselt stets durch ihre Adern |
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Dabei ein tief geheimes Graun — |
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Das Graun vor Dir und vor den Deinen, |
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Das Grauen vor der neuen Zeit, |
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Und wider Dich sich zu vereinen, |
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Sind sie in Furcht und Haß bereit. |
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Und wie sie brüderlich verbunden |
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Und Hand in Hand zum Streite gehn, |
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Wirst Du in Deinen schwersten Stunden |
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Allein, verlassen, einsam stehn. |
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Nur Deiner Kraft darfst Du vertrauen, |
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Denn fremder Beistand ist ein Wahn – |
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Durch eine Welt von Feinden hauen |
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Mußt Du Dir selber Deine Bahn. |
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Kein leichtes Los ist Dir gefallen, |
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Den ein Gedanke vorwärtstreibt |
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Doch siegen wirst Du, wenn in allem |
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Der Geist von heut' lebendig bleibt. |
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Der Feind mag auf die Stärke pochen, |
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Von deren Tritt die Erde bebt – |
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Es ist noch jede Form zerbrochen, |
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Wenn sie sich selber überlebt! |
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Du darfst schon jetzt den Blick erheben, |
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Du darfst getrost schon heute sein: |
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Ein großer Zug, ein frisches Streben |
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Geht heut' nur durch der Arbeit Reihn, |
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Und wo die großen Kräfte walten |
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Und wo des Rechtes Banner fliegt, |
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Da gibt's kein Stocken und kein Halten, |
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Bevor des Kampfes Preis ersiegt. |
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So schließt die Reih'n, die kampfesfrohen, |
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Die Eure beste Hoffnung sind, |
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Und schlagt das Schmeicheln wie das Drohen |
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Als freie Männer in den Wind! |
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In Österreichs ausgedehnten Landen, |
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Wo Sprache wider Sprache ficht, |
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Sei eine überall verstanden: |
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Die Sprache, die die Arbeit spricht! |
Details zum Gedicht „Den österreichischen Arbeitern“
Rudolf Lavant
8
64
372
nach 1860
Realismus,
Naturalismus,
Moderne
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Den österreichischen Arbeitern“ wurde von Rudolf Lavant geschrieben, einem Dichter und Schriftsteller, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts aktiv war.
Das Gedicht vermittelt auf den ersten Blick eine starke Würdigung der Arbeiterklasse und deren intensiven Kampf für ihre Rechte. Thematisch scheint es stark vom sozialen Realismus beeinflusst zu sein, der die Arbeiterklasse und ihre Kämpfe gegen Ungerechtigkeiten hervorhebt.
Der Inhalt des Gedichtes ehrt das „arbeitstreue Volk im Osten“, das unter schwierigen Bedingungen arbeitet und dabei standhaft bleibt. Das lyrische Ich schildert das Schicksal der Arbeiter, die von Staatsgewalt und Kirche unterdrückt werden („der Büttel Schwarm, der Tross der Pfaffen“), aber trotz dieser Herausforderungen weiterkämpfen und sich stets für die Wahrheit einsetzen. Sie zahlen einen hohen Preis („Erkauft sich doch mit Blut und Tränen sein unveräußerliches Recht“), um ihr Recht auf würdige Arbeit zu behaupten.
Die Form des Gedichtes ist regelmäßig, bestehend aus acht Versen pro Strophe. Die Sprache ist lyrisch und symbolisch, wobei Lavant die rigide Härte der Arbeiterbedingungen bildhaft macht und aufzeigt, mit welcher Entschlossenheit die Arbeiter diesen begegnen.
Der Stil wirkt leidenschaftlich und aufrüttelnd, mit starken bildlichen Darstellungen, die auf die Entschlossenheit und den Mut der Arbeiter hinweisen. Die Motive der Faust und des Blutes unterstreichen die Intensität des Kampfes, während das Motiv der Sprache darauf hinweist, dass ihr Kampf universal und allumfassend ist.
Zusammenfassend ist „Den österreichischen Arbeitern“ von Rudolf Lavant ein packendes lyrisches Porträt der Arbeiterklasse und ihres Kampfes. Es ist ein starkes Loblied auf die Standhaftigkeit und Integrität der österreichischen Arbeiter, die trotz intensiver Widrigkeiten an ihrem Streben nach Gerechtigkeit festhalten.
Weitere Informationen
Rudolf Lavant ist der Autor des Gedichtes „Den österreichischen Arbeitern“. Im Jahr 1844 wurde Lavant in Leipzig geboren. Zwischen den Jahren 1860 und 1915 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Berlin. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Realismus, Naturalismus, Moderne, Expressionismus oder Avantgarde / Dadaismus zugeordnet werden. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das Gedicht besteht aus 64 Versen mit insgesamt 8 Strophen und umfasst dabei 372 Worte. Weitere Werke des Dichters Rudolf Lavant sind „An Herrn Crispi“, „An das Jahr“ und „An den Herrn Minister Herrfurth Exzellenz“. Zum Autor des Gedichtes „Den österreichischen Arbeitern“ haben wir auf abi-pur.de weitere 96 Gedichte veröffentlicht.
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- An Herrn Crispi
- An das Jahr
- An den Herrn Minister Herrfurth Exzellenz
- An den Kladderadatsch
- An die Frauen
- An die alte Raketenkiste
- An unsere Feinde
- An unsere Gegner
- An la belle France.
Zum Autor Rudolf Lavant sind auf abi-pur.de 96 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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