Grass, Günter - Mein Jahrhundert (Beschreibung der Kurzgeschichten 1970, 1978 und 1981)

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Günter Grass, Erzählungen, Folgen des zweiten Weltkrieges, Referat, Hausaufgabe, Grass, Günter - Mein Jahrhundert (Beschreibung der Kurzgeschichten 1970, 1978 und 1981)
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Referat

„Mein Jahrhundert“ - Günter Grass

(Der vorliegende Text wurde von einer polnischen Studentin verfasst. An einigen Stellen wurden Überarbeitungen durch die Redaktion von abi-pur.de vorgenommen. )

„Mein Jahrhundert“ ist ein Werk von Günter Grass, welches zu jedem Jahr des vergangenen Jahrhunderts mit verschiedenen Erzählungen einen Rückblick auf die vergangene Zeit wirft. Es wird jedesmal aus wechselnder Perspektive, eine Geschichte erzählt - die ein farbiges Porträt des an Großartigkeiten und Schrecknissen reichen Jahrhunderts ergeben.

Die verschiedenen Menschen, denen Günter Grass hier seine Stimme leiht, sind Männer und Frauen aus allen Schichten, alte und junge, linke und rechte, konservative und fortschrittliche. Wie unterschiedlich sie alle auch sind, es verbindet sie, dass sie nicht zu den Großen dieser Welt gehören, nicht zu denen, die Geschichte machen, sondern zu denen, die als Zeugen Geschichte erleben. In ihren Begebenheiten spiegeln sich die großen historischen Ereignisse des Jahrhunderts wieder.

In den folgenden Kurgeschichten, die die Jahre 1970, 1978, 1981 beschreiben, werden die Folgen des zweiten Weltkrieges dargestellt.

Der Kanzler Willy Brandt war die Hauptperson in der Geschichte 1970. Er war zweifellos eine der wichtigsten Persönlichkeiten der deutschen Geschichte. Seine großen Verdienste waren die Versöhnungspolitik und Friedensverträge, die die Grenzen zwischen Polen und Deutschland regulierten. Für diese Verträge wurde er mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Im Text von Grass wurde er aus der Perspektive eines Journalisten dargestellt, der in dieser Erzählung als Ich-Person auftrat. Der Journalist einer konservativen, rechtsorientierten Zeitung zeigte offen seine Abneigung gegen Brandt und sparte nicht mit Unfreundlichkeiten ihm gegenüber. Die ich-Person äußerte ihre sehr subjektive Meinung, wobei sie keine Distanz hielt. Willy Brandt wurde so hitzig für seinen Kniefall am Mahnmal für die Opfer des Warschauer Ghetto- Aufstandes gegen die Nationalsozialisten kritisiert. Diese Geste von Brandt wurde als Bitte um Versöhnung gewertet und das Bild ging als Ausdruck deutscher Wiedergutmachungsbestrebungen um die ganze Welt. Er wurde für dieses Verhalten verurteilt, wurde als Säufer, Emigrant, Vaterslandverräter und Lastenträger bezeichnet. Für den Erzähler war die Rede vom Kanzler eine Blamage, weil seiner Meinung nach den Polen zu viel versprochen wurde. Da er diese Nation als Antisemiten sah, forderte er die Relativierung der Schuld. Er selbst stammte aus Krefeld und diese Geschehen hatten für ihn keinen Wert. Er meinte, dass man über etwas ganz Anderes und Spannenderes als dem Kniefall hätte schreiben konnte. Durch diesen Text wollte er zeigen, wie er Brandt hasste.

In der Kurzgeschichte 1978 stellt Grass die Folgen des zweiten Weltkrieges aus der Perspektive einer Familie dar. Die Erzählerin war die Mutter zweier Kinder, mit denen sie Erziehungsprobleme hatte. Die ganze Familie wohnte in einer Villa in Düsseldorf, die einem alten Mann, dem Schwiegervater der Erzählerin gehörte. Die Frage, was der Opa nach dem zweiten Weltkriege gemacht hatte und wie er zu seinem Vermögen gekommen war, blieb ohne Antwort. Seine Vergangenheit bezeichnete der alte Mann als „Bankgeheimnis“. In der Tat hatte er zu den Führungskräften in der Bank gehört. In dieser Kurzgeschichte stellt Grass einen Generationenkonflikt dar. Die Kinder waren No- future- Gerede. Sie hatten alles. Sie kleideten sich wie Punks, hatten Freunde aus der schlechten Gesellschaft und waren häufig abends aus, weil sie etwas Neues erleben wollten. Ein Gegensatz war der Opa - ein alter, diskreter Mann, der klassische Musik, Einsamkeit und Ruhe liebte. Immer elegant. Eines Tages drehte er aber durch, wurde zu einem Punk. Er sah wie ein Sträfling aus, trug Sicherheitsnadeln und Handschellen und hatte eine ausgeflippte Frisur. Er saß im Park und freundete sich mit Punks an. Die wichtigsten Veränderungen traten in seiner Psyche ein - er gab sich als Herr Hermann Joseph Abs aus, der den Bundeskanzler Adenauer in wichtigen Finanzfragen beraten hatte und der für das sogenannte „Arisieren“ und „Böhmeln“ verantwortlich gewesen war. Die Veränderung hatte auch Auswirkungen auf die Situation der Familie - die Kinder waren kein Problem mehr, jetzt wurde der Opa wurde zu einem. Der Sohn erfuhr viel über die Vergangenheit des Vaters, es war kein Geheimnis mehr, womit er sich beschäftigt hatte. Die Erzählerin schämte sich dessen, dass der Opa in der Anstalt in Grafenberg wohnte. Das empfand sie auch als die beste Lösung. „Herr Abs“ fand da einen neuen Freund - Kanzler Adenauer, der dort in einem Mann gebar, der den zweiten Weltkrieg auch nicht vergessen konnte.

In der Kurzgeschichte 1981 ist für Grass besonders die Darstellung des Begräbnisses des Großadmirals Karl Dönitz bedeutsam. Der Großadmiral, der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine war - dann der Kriegsverbrecher, wurde nicht in Nürnberg verurteilt. Der Leser war mit den drei Generationen einer Familie konfrontiert. Jede Generation präsentierte andere Werte und Ideale. Der Ich-Erzähler, der Jüngste in der Familie, schrieb einen Brief an seine Freundin Rosi, in dem er ihr über das Begräbnis des großen Admirals erzählte. Für ihn war das nur eine Show. Die Opas hatten keinen Mantel, obwohl es kalt gewesen war und der Schnee hatte gelegen. Die alten Männer hatten auf dem Friedhof „Über alles in der Welt“ gesungen (Dritte verbotene Strophe der deutschen Hymne). Für die alte Generation hatte das Sinn, die Rituale waren für sie wichtig. Der Junge betrachtete das dagegen als einen Zirkus. Er verstand nicht, was dort stattgefunden hatte. Den Sarg verglich er mit einem U-Boot. Seine Oma hatte selbst zwei Sohne verloren und verehrte den Admiral. Ihr Sohn akzeptierte den Kult der gestorbenen und hatte keinen Kontakt mit der Mutter. Sie traf sich mit dem Enkel, der seine Oma liebte. Wie er selbst sagte, sei sie eine strenge Frau und ihr konnte man sich nicht wiedersetzen. Er bewunderte seine Oma aber hatte keine Vorstellung, was für die alte Frau der Tod bedeutete.

Durch diese drei Kurzgeschichten will uns der Autor die Folgen des zweiten Weltkrieges zeigen. Grass hat die Absicht uns zu beweisen, dass die Fragen nach der Vergangenheit oft problembehaftet sind. Auf viele von ihnen findet man bis heute keine Antwort. Er stellt dem Leser die deutsche Gesellschaft dar, die sich mit der eigenen Geschichte konfrontieren muss. Die Folgen des zweiten Weltkrieges – sowohl der berühmte Kniefall von Willy Brandt als auch die einzelnen Fälle der Menschen, die den Krieg überlebt haben, tragen zur Gestaltung der neuen deutschen Gesellschaft bei. Die Erinnerung an diese Ereignisse wird so lange in den Köpfen der Menschen bleiben, bis alle Fragen beatwortet werden können.

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