Literaturepochen - Gegenüberstellung von Klassik und Romantik

Schlagwörter:
Jean Jacques Rousseau, Spätaufklärung (Sturm und Drang), Merkmale romantischer Literatur nach Friedrich Schlegel, Wilhelm Meisters Lehrjahre, Referat, Hausaufgabe, Literaturepochen - Gegenüberstellung von Klassik und Romantik
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Referat

Klassik und Romantik

Allgemeines
Ab dem 18. Jahrhundert lässt sich zunehmend eine Offenheit in der Literatur und in anderen Künsten beobachten:

In der Spätaufklärung (Sturm und Drang):

  • Primat der Empfindung,
  • Öffnung der Form für Emotionalität → Schriftbild, „zerrissene“ Texte,
  • Autoren:
    • Jakob Michael Reinhold Lenz (1751-1792),
    • Gottfried August Bürger (1747-1794),
    • Friedrich Schiller (1759-1805),
    • Johann Wolfgang Goethe (1749-1832).

Diese Entwicklung setzt sich fort bis zur Romantik. Der zu Grunde liegende, einheitsstiftende Gedanke ist die Einsicht, dass der Mensch nicht mehr in Einklang mit der Natur lebt. In der Klassik besteht der Anspruch, die in der Lebenswelt verlorene Ganzheit in der Schönheit von Kunstwerken zu retten, während in der Romantik die Ganzheit nur noch als unerreichbare Idee gilt, auf die bloß ex negativo verwiesen werden kann (durch Verweigerung der klassischen Ersatz-Lösung bzw. durch Fragmente anstelle ganzheitlicher Gestaltungen). Die Klassik bildet keine eigenständige Epoche, sondern kann als eine Stil-Variante der Romantik betrachtet werden.

Ideengeber ist Jean Jacques Rousseau (1712 - 1778):

  • Subjektivität
  • Entfremdung von der eigenen Natur bzw. vom Ursprung
  • „Zurück zur Natur“
  • Bewusstsein von der verlorenen Natur des Menschen
  • Das „Ich“ steht im Mittelpunkt, reflektiert sich selbst, erfährt sich als unglücklich


Die Veränderungen um 1800:

  1. Öffnung der Form
  2. Literatur wird in manchen Bereichen populär / breitenwirksam 
    Popularität: volkstümliche Motive werden in Musik und Literatur aufgenommen (s. Gottfried August Bürger)
    -> Differenz von höherer und niederer Literatur wird aufgegeben,
  3. Prosa wird wichtiger (leichter lesbar für die Masse).

Der Aufhebung der Stildifferenzen setzen Schiller und Goethe einen elitären Anspruch an Literatur entgegen (vgl. das mit der Zeitschrift „Propyläen“ verbundene Projekt einer normativen Geschmacksbildung im Sinne der griechischen Antike).


Klassik (ca. 1786 –1805)
Dichter: im engeren Sinne klassische Dichter: Goethe und Schiller.

„Iphigenie“ als Idealtyp der Weimarer Klassik:

  • Motiv: griechischer Mythos
  • unnatürlich absichtsvolle Künstlichkeit
  • Form (3 Einheiten, 5 Akte, Blankvers)
  • wenige Figuren, Schlichtheit
  • zeitenthoben
  • harmonischer Schluss


ABER:

  1. Der letzte Blankvers ist unvollständig, d.h. das Metrum wird verletzt: „Lebt wohl!“,
  2. Untertitel „ein Schauspiel“: Kompromiss zwischen Tragödie und Komödie, neuzeitliche Lösung.
    -> Modernisierung eines klassischen Stoffes ist im Grunde ein romantisches Vorgehen.

Charakteristisch für den Kunststil der Klassik ist die Bildhauerei. Die Hauptprinzipien des klassischen Ideals zeigen sich im „Apoll vom Belvedere“ (2.Jh.n.Chr., Vatikanische Sammlungen):

  • Ruhe
  • Entspanntheit
  • Einfachheit
  • Geschlossenheit
  • Harmonie


Romantik (ca. 1790-1830)
In der Romantik gewinnt die Malerei an Bedeutung (es gibt kaum einen ›romantischen‹ Bildhauer). Der bedeutendste Maler der Romantik ist Caspar David Friedrich (1774–1840). Besonderheiten der Malerei der Romantik (Bsp.: Der Wanderer über dem Nebelmeer, 1818):

  • Figuren stehen in einer Landschaft
  • Figuren mit Blick in die Natur, ins Unendliche
  • Betrachtende sehen den Figuren von hinten über die Schulter
  • mittelalterliche Ruinen verweisen auf das bewußte Abweichenvon der Tradition (nicht klassisch - s.a.die Bedeutung des Mittelalters für die romantische Literatur)
  • fehlendes Zentrum
  • Mensch als Betrachter der Natur, nicht integrierter Bestandteil


Merkmale romantischer Literatur nach Friedrich Schlegel:

  1. Sympoesie: gemeinsames Dichten
  2. Progressive Universalpoesie:
    • ständige Veränderung der Dichtung, Originalität
    • Universalpoesie: das ganze Leben soll von Poesie erfasst werden, „Künstler sein“ als Lebensform, Aufhebung der Gattungen
  3. Transzendentalpoesie: die Dichtung muss die Bedingung der Möglichkeit ihrer selbst enthalten
    (Bsp.: E.T. A. Hoffmann (1776–1822), „Der goldene Topf“ / Goethe, „Torquato Tasso“ -> erstes Künstlerdrama)

 

Gegenüberstellung von Klassik und Romantik 

Klassik Romantik
  • Dämpfung 
  • Ganzheitlichkeit
  • Trauerspiel
  • Zentriertheit
  • Normativität 
  • Übertreibung/Drastik
  • Fragmenthaftigkeit
  • Lustspiel
  • Nichtzentriertheit
  • Pluralität 

 

Ziele:

  • Schönheit
  • Einheit in der Vielheit
  • Distanzierung der Betrachter

Ziele:

  • Interessantheit (lat.: inter - esse),
  • Subversion von Ordnung
  • Integration der Betrachter

 

Klassik und Romantik reagieren gleichermaßen auf den Verlust von Naivität (→ Rousseau). In der Klassik soll die Kunst die Ganzheit wiederherstellen → Kunst als Surrogat des Lebens. In der Romantik wird der Verlust durch den fragmentarischen Charakter immer wieder schmerzlich bewusst gemacht. Ganzheit ist nicht wieder herstellbar.

Referenztext: Johann Wolfgang v. Goethe, „Wilhelm Meisters Lehrjahre“:

Ein Beispiel für den Zusammenfall von klassischen und romantischen Elementen:

  • keine geschlossene Form, nicht chronologisch, aber Kontinuität der Erzählung,
  • biedere Konzeption (gutbürgerliche Entwicklung), aber Künstlertum steht im Mittelpunkt,
  • klassischer Anfang: Liebeserfahrung und Trennung von der ersten Geliebten, aber kein neues Zusammenkommen am Ende.

-> Kein Text realisiert die Charakteristika der klassischen bzw. romantischen Dichtung rein, jedoch kann das künstliche Raster helfen, das Problembewusstsein für den Zusammenhang von Klassik und Romantik zu schärfen.


Bibliografie

  • Borchmeyer, Dieter: „Weimarer Klassik: Portrait einer Epoche“, Weinheim 1994.
  • Barkhoff, Jürgen und Sagarra, Eda (Hrsg.): „Anthropologie und Literatur um 1800“, München 1992.
  • Engel, Manfred: „Der Roman der Goethezeit. Bd. 1: Anfange in Klassik und Frühromantik“, Stuttgart/Weimar 1993
  • Grosse, Wilhelm und Grenzmann, Ludger: „Klassik/ Romantik“, Stuttgart 1983.
  • Gutjahr, Ortrud und Segeberg, Harro (Hrsg.): „Klassik und Anti-Klassik. Goethe und seine Epoche“, Würzburg 2001.
  • Meier, Albert: Ironie ist Pflicht. Wie romantische Dichtung zu lesen ist. In: Heinz Ludwig Arnold (Hrsg.): Text + Kritik 143 (VII/99): Aktualität der Romantik. München 1999, S. 12-21.
  • Niggl, Günter: „Studien zur Literatur der Goethezeit“, Berlin 2001.
  • Ostermann, Eberhard: „Das Fragment. Geschichte einer romantischen Idee“, München 1991.
  • Pfotenhauer, Helmut: „Um 1800:Konfiguration der Literatur, Kunstliteratur und Ästhetik“, Tübingen 1991.
  • Schanze, Helmut (Hrsg.): „Romantik-Handbuch“, Stuttgart 1994.
  • Steffen, Hans (Hrsg.): „Die deutsche Romantik. Poetik, Formen und Motive“, Göttingen 1967.
  • Vietta, Silvio (Hrsg.): „Die literarische Frühromantik“, Göttingen 1983. 

 

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