Gedichtvergleich - Auf einer Wanderung (Eduard Mörike) und Abseits (Theodor Storm)

Schlagwörter:
Gedichtanalyse, Gedichtinterpretation, Zusammenfassung, Referat, Hausaufgabe, Gedichtvergleich - Auf einer Wanderung (Eduard Mörike) und Abseits (Theodor Storm)
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Referat

Gedichtvergleich: Mörike und Storm

Schreibplan

A) Einleitung: Textart, Titel, Autoren, Erscheinungsdaten, Thema: Beziehung zwischen Realität und Idylle
B) Textbeschreibung:
I) Mörike: „Auf einer Wanderung“
a) Ankunft in der Stadt; Gesang; Hypnose
b) Verlassen der Stadt; Erkennen eigener Ergriffenheit
II) Storm: „Abseits“
a) Sommerliche Heidenlandschaft
b) Bauernhaus; Junge und Bauer
c) Beschreibung der Fauna
d) Unterbrechung durch Dorfuhr; Einschlafen
III) Vergleich:
a) Gemeinsamkeiten: Unterbrechung am Ende; Idylle als Gegenstand
b) Unterschiede: Mensch bei Mörike Teil der Idylle; Langeweile bei Storm; nur bei Mörike „Erwachen“ am Ende – bei Storm Einschlafen
C) Formale Analyse:
I) Mörike:
a) Unterschiedlich lange Strophen mit unterschiedlichem Reimschema(Verdeutlichung der inhaltlichen Abschnitte)
b) Anapäst(häufig unterbrochen) und Jamben in unterschiedlich langen Versen
c) Strömender Rhythmus bewirkt Dynamik
II) Storm:
a) Gleichmäßig lange Strophen und einheitliches Reimschema
b) Jambus als durchgehaltenes Metrum(männliche weibliche Kadenz je nach Strophenlänge) > analog zum Inhalt
c) Fließender Rhythmus unterstützt Ruhe im Gedicht
D) Sprachliche Analyse
I) Mörike:
a) Bildhaftigkeit bewirkt Märchenhaftigkeit
b) Farbsymbolik
c) Ausrufe; lyrisches Ich wehrt sich?
II) Storm:
a) Lange Vokale unterstützen „Langeweile“
b) Lautmalerei(„kaum zittert durch die Mittagsruh“ V. 19)
c) Verbindung erste und vierte Strophe?
E) Schluss: Abschließender Vergleich mit Bezug auf Motiv Mörikes (Fluchtversuch aus Realität scheitert)

 

Gedichtvergleich „Auf einer Wanderung“ (Eduard Mörike) und „Abseits“ (Theodor Storm)

In den beiden Gedichten „Auf einer Wanderung“ von Eduard Mörike und „Abseits“ von Theodor Storm aus den Jahren 1845/46 bzw. 1847 wird auf verschiedene Weise die Beziehung zwischen Der Realität und der Idylle beschrieben. Im zweistrophigen Gedicht Mörikes beschreibt das lyrische Ich in der ersten Strophe, wie es in eine Kleinstadt kommt und dort aus einem Fenster wunderschönen Gesang(V 5f. „Goldglockentöne“, „eine Stimme scheint ein Nachtigallenchor“) hört. Von diesem ist der Sprecher so angetan, dass er wie hypnotisiert ist und die Natur in Bewegung geraten zu scheint. Trotz dieser Verzauberung verlässt das lyrische Ich die Stadt in der zweiten Strophe wieder, auch wenn es dies zunächst nicht verstehen kann(V. 11f. „Wie ich hinaus vors Tor gekommen, / Ich weiß es wahrlich selber nicht.“). Außerhalb liegt die Schönheit der Welt nun viel klarer vor ihm(V. 13 „wie liegt die Welt so licht“) und es erkennt, wie ergriffen es durch den Gesang ist(V.17f. „Ich bin wie trunken, wie irregeführt - / O Muse du hast mein Herz berührt“).

Theodor Storm beschreibt in seinem vierstrophigen Gedicht „Abseits“ eine andere, aber nicht weniger idyllische Szenerie. Die erste Strophe zeichnet das Bild einer sommerlichen Heidenlandschaft, die in aller Stille liegt. In der zweiten Strophe wird dann ein leicht verfallenes Bauernhaus beschrieben, vor dem ein Junge etwas schnitzt, während der Bauer an der Türe steht. Die dritte Strophe widmet sich dann der Tierwelt in der Heide. Die letzte Strophe stellt dann, ähnlich wie bei Mörike wieder eine Unterbrechung dieser Idylle dar, da nun der Schlag der Dorfuhr die Szene jäh unterbricht. Statt jedoch aufzuwachen wie der Wanderer es bei Mörike tut, schläft der Bauer zufrieden ein.

Obwohl in beiden Gedichten die Idylle des jeweiligen Augenblicks im Vordergrund steht und detailreich umschrieben wird und beide Gedichte mit einer Unterbrechung enden, weißt der Inhalt beider Gedichte jedoch auch Unterschiede auf. Denn während Mörike den Menschen zum Teil der Idylle macht und ihn als Ursache dieser darstellt, Ist der Mensch bei Storm kein direkter Teil der Idylle, zudem wird diese sehr viel ruhiger, beinahe langweilig dargestellt. Außerdem wird die Idylle zwar in beiden Gedichten gegen Ende unterbrochen, jedoch steht nur beim Gedicht Mörikes am Ende auch ein Erwachen und die Erkenntnis, des Realitätsverlust. Zu dieser kommt der Bauer in Storms Gedicht nicht.

Auch formal bestehen bei beiden Gedichten einige Unterschiede. Im Gedicht Mörikes sind die beiden Strophen unterschiedlich lang und besitzen dem entsprechend auch ein unterschiedliches Reimschema(aabcbcbbd; aabbcdceed), das die einzelnen Erzählorte- und schritte noch deutlicher werden lässt. So stehen die beiden ersten Verse der ersten Strophe sowohl im Textzusammenhand, als auch im Reimschema relativ isoliert und dienen ebenso wie die beiden ersten Verse der zweiten Strophe mehr zur Darstellung der äußeren Handlung. Die Verse 3-9 bzw. 12-19 sind dagegen durch ihr Reimschema verwoben und beschreiben die Gefühle und Gedanken des lyrischen Ichs. Das Metrum von „Auf einer Wanderung“ ähnelt in den ersten beiden Versen einer Anapäst, wir jedoch in den einzelnen Versen auch oft zu Jamben variiert, was dem Gedicht einen ebenmäßigeren Klang bezüglich der sehr unterschiedlich langen Verse verschafft. Durch diesen strömenden Rhythmus wird zudem ein vorantreibender Eindruck bewirkt, was auch dem Motiv der Wanderschaft entspricht.
Im Vergleich hierzu wirkt das Gedicht „Abseits“ von Theodor Storm viel gleichmäßiger. Die vier gleichlangen Strophen sind alle nach dem Muster ababcc und im Jambus gereimt. Dieser sehr streng durchgehaltene Reim und das klare Metrum sind analog zum Inhalt, der die Welt in seiner vollkommenen Ordnung darstellt. Reim und Metrum stellen eine absolute Einheit dar und auch die Verslänge und Kadenz entspricht dieser (8/9/8/9/8/8 Silben; bei 8 Silben männliche, ansonsten weibliche Kadenz). Der im Gegensatz zu Mörike fließende Rhythmus unterstützt die Ruhe in Storms Gedicht somit sehr stark.

Auch sprachlich weisen die beiden Gedichte, trotz ihrer historischen Nähe starke Unterschiede auf. Mörike arbeitet dabei mit großer Bildhaftigkeit, hinter jedem Objekt scheint bei ihm eine Metapher, ein Symbol zu stecken. Hier fallen vor allem Ausdrücke wie „Nachtigallenchor“ (V. 6) und die immer wieder auftauchenden Blumen, Blüten und Bäume auf. Aber auch die Farbe rot wird immer wieder verarbeitet, sei es im „roten(r) Abendschein“(V. 2) oder im „höheren Rot“(V. 9) der Rosen. Durch diese gesamte Symbolik und Bildhaftigkeit wird die Idylle der Szene einerseits, aber ihr Schein ausgedrückt. Zwar scheint etwas über diese Symbole und Bilder hinaus zu existieren, das lyrische Ich bekommt dieses jedoch nicht zu fassen und muss deswegen in der zweiten Strophe auch wieder in die Realität zurückkehren, auch wenn es sich dagegen mit Ausrufen wehrt.
Bei Storm kommt dagegen durch gezielte Wortwahl bezüglich des Klangs ein konträres Bild der Idylle herüber. Durch viele lange Vokale wird der ruhige Eindruck der Situation verstärkt. Mystische oder märchenhafte Elemente sieht der Leser hier nirgends, alles wird objektiv und realistisch beschrieben. Lediglich am Ende wird die beschriebene Ruhe der Szene – wieder durch Lautmalerei bewirkt – unterbrochen; die Turmuhr „zittert“(V. 19). Doch auch „ihre Gräbermale“(V. 4) wollen sich nicht in die umgebende Landschaft einfügen und könnten somit eine Verbindung mit dem Schluss des Gedichts haben(V. 23f. „ – Kein Klang der aufgeregten Zeit / Drang noch in diese Einsamkeit.“).

Zusammenfassend beschreiben zwar beide Gedichte eine Idylle, jedoch wird diese bei Storm eher langweilig dargestellt, während Mörike sie wie einen Traum und sehr dynamisch beschreibt. Während Storm dabei sehr realistischer beschreibt und wenig tiefgründig wirkt, findet man im Gedicht „Auf einer Wanderung“ ein Motiv, dass Möri-ke immer wieder in seiner Dichtung verarbeitet. Der Wanderer sucht in seiner Träumerei eine Ausflucht aus der Realität, muss jedoch relativ schnell wieder in diese zurückkehren.

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