Bertold Brecht - Leben und Schaffen

Schlagwörter:
episches Theater, Theaterkonzept, Werk, Der gute Mensch von Sezuan, Dramatiker, Referat, Hausaufgabe, Bertold Brecht - Leben und Schaffen
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Referat

Bertold Brecht
 
Leben und Schaffen
Das epische Theater – ein neues Theaterkonzept
 
Gliederung:
 
  1. Einleitung
  2. Leben + Werk
a.       Kindheit und Jugend: Mit der Clique durch Augsburg (1898-1917)
b.      Der Weg zum Ruhm: Erste Erfolge als Schriftsteller in Augsburg und München (1917-1924)
c.       Im Dickicht der Hauptstadt: Der Stückeschreiber erobert Berlin (1924-1933)
d.      Auf der Flucht vor den Nationalsozialisten: Erste Exilstation in Svendborg (1933-1939)
e.       Zwischenstationen: Mit gepackten Koffern durch Schweden und Finnland (1939-1941)
f.        Hollywoods Profitmaschine: Isolation in Santa Monica (1941-1947)
g.       Rückkehr nach Deutschland: Theaterarbeit und Resignation (1947-1956)
  1. episches Theater (am Beispiel „Der gute Mensch von Sezuan“)
  2. Brecht heute
  3. Zusammenfassung
  4. Zitate
  5. Quellen
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
„Der größte Dramatiker des 20. Jahrhunderts“
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
1.    Einleitung
 
·        Frage: Wer ist Bertold Brecht?
        Literat: Lyrik, Dramen, Romane, theoretische Schriften, Prosa
        Geschäftsmann
        Begründer des epischen, „dialektischen“ Theaters
·        Frage nach Werken
·        lebte ungefähr von 1900 bis in die Fünfziger des 20. Jhs.
        durchlebte ersten Weltkrieg, Novemberrevolution, Weimarer Republik, Nationalsozialismus, zweiten Weltkrieg, Nachkriegszeit, deutsche Teilung
·        wuchs in Bayern auf, ging später nach Berlin
        Berlin war Kulturmetropole Deutschlands
·        Stil: Siehe Gedicht
 
Der, den ich liebe ...
 
Der, den ich liebe
Hat mir gesagt
Daß er mich braucht.
Darum
Gebe ich auf mich acht
Sehe auf meinen Weg und
Fürchte von jedem Regentropfen
Daß er mich erschlagen könnte.
 
=>satirisch
·        wandte sich gegen den „Tuismus“
=>auf Stigmatisierung Brechts eingehen
 
 
 
 
 
 
 
 
 
2.    Leben und Werk
 
a.       Kindheit und Jugend: Mit der Clique durch Augsburg (1898-1917)
 
·        Geburt am10. Februar 1898 als Eugen Berthold Friedrich Brecht in Augsburg
        hatte lebenslanges Herzleiden
·        Familie teilte sich bei seiner Geburt mit 2 Kleiderhändlerinnen das obere Stockwerk eines kleinen Hauses
        Vater: arbeitete in einer Papierfabrik, wurde später zum Prokuristen und Verwalter einer Stiftung
        Mutter litt früh an Brustkrebs und musste gepflegt werden
·        Familie zog 1900 in ein Stiftungshaus und wohnte dadurch privilegierter als andere Arbeiterfamilien
·        ab 1910 wohnte Bertolt in der Mansarde
·        besuchte von 1904 bis 1908 die Volksschule, danach das königliche Realgymnasium „An der blauen Kappe“
·        wurde durch beständigen Freundeskreis sozialisiert
        brachte mit Freunden die Schülerzeitung „Die Ernte“ heraus
        brachte 1918 „Lieder zur Klampfe mit Bert Brecht und seinen Freunden“ heraus
        bekam einen herausfordernden, frechen, ironischen und selbstbewussten Ton
ð     Anekdote vom Horazvers
        pilgerte noch bis 1920 von München nach Augsburg hin und her
ð     Erläuterung der Arbeitsweise Brechts
·        schloss 1917 mit dem Notabitur ab und immatrikulierte an der LMU München für Medizin und Philosophie
        Klärung der Frage, warum er nicht im Krieg war
·        nutzte die Aufbruchstimmung mit dem Krieg und veröffentlichte patriotische Zeitungsartikel ganz nach dem Stil der Zeit, um Bekanntheit zu erlangen
        „Das Lied von der Eisenbahntruppe von Fort Donald“ wurde 1916 in den Augsburger neuesten Nachrichten abgedruckt
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
b.      Der Weg zum Ruhm: Erste Erfolge als Schriftsteller in Augsburg und München (1917-1924)
 
·        war von Oktober 1918 bis Januar 1919 Militärkrankenwärter in einem Lazarett in Augsburg
·        bekam 1919 mit Paula Banholzer seinen ersten Sohn Frank
        Banholzer heiratete 1924 einen Kaufmann, das Kind wuchs bei Pflegeeltern auf
·        heiratete November 1922 die Sängerin Marianne Zoff, mit der er 1923 die Tochter Hanne bekam
        1927 wurde die Ehe geschieden
·        bekam 1924 mit Schauspielerin Helene Weigel den Sohn Stefan
·        stellte 1918 die „Legende vom toten Soldaten“ und „Baal“ fertig
·        freundete sich mit dem Literaten Lion Feuchtwanger an
·        veröffentliche von 1919 bis 1921 im „Volkswillen“ Theaterkritiken, die ihn dazu ermutigten, sein episches Theater durchzusetzen
·        versuchte, nach Berlin überzusiedeln
·        lebte zu dieser Zeit in Armut
        wurde 1921 wegen Unterernährung ins Berliner Charité eingeliefert
·        veröffentlichte 1921 im „Neuen Merkur“ die Abenteuergeschichte „Bargan lässt es sein“ und erlangte zu Ansehen
·        schloss im Dezember 1921 mit dem Erich Reiß- Verlag einen Generalvertrag ab, verhandelte jedoch weiter mit anderen Verlagen
·        September 1922 wurden die „Trommeln in der Nacht“ uraufgeführt und kamen bestens beim Publikum an
=> von nun an konnte er bessere Verträge abschließen
·        erhielt den Heinrich von Kleist-Preis für das Jahr 1922
·        freundete sich mit dem Kritiker Herbert Jhring an
·        gründete mit Arnolt Bronnen eine literarische Firma [und änderte die Schreibweise seines Namens]
·        veröffentlichte 1924 mit Lion Feuchtwanger „Das Leben Eduarts des Zweiten“
·        zog im März 1924 endgültig nach Berlin um
·        Werke:
o       Legende vom toten Soldaten (1918 veröffentlicht)
o       Bargan lässt es sein (im Neuen Merkur, September 1921)
o       Trommeln in der Nacht (Uraufführung: September 1922)
o       Baal (Uraufführung: Dez. 1923)
o       Mann ist Mann (Uraufführung: September 1926)
o       Das Leben Eduarts des Zweiten (1924 veröffentlicht)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
c.       Im Dickicht der Hauptstadt: Der Stückeschreiber erobert Berlin (1924-1933)
 
·        Brecht zog nach Berlin
·        1924 wurden 2 seiner Werke in Berliner Theatern aufgeführt (Im Dickicht der Städte + Das Leben Eduarts II.)
·        Kritikerkrieg zuwischen Jhring und Kerr begann
·        1925 setzte er durch, dass Elisabeth Hauptmann als Lektorin beim Verlag angestellt wurde
o       sie wurde seine Mitarbeiterin (und auch Geliebte)
·        sah sich als einen Produzenten und seine Werke als Produkte, die es zu vermarkten gilt
o       dies bestärkte seine Einstellung zur kollektiven Arbeitsweise
·        wiederholte Plagiatvorwürfe
o       die Blütezeiten der Literatur seien „durch die Kraft und Unschuld ihrer Plagiate“ ausgezeichnet
·        2. Hälfte der 20er Jahre: ungeheure Produktivität
o       durchschaute die Kulturindustrie und nutzte sie so gut wie möglich
o       publizierte fortlaufend Gedichte und Geschichten
o       beteiligte sich an allen möglichen Umfragen
o       Rezensionen, theoretische Beiträge
o       Rundfunkpräsenz
o       Dramaturg und Regisseur in Berlin und München
o       Stücke wurden überall in Deutschland aufgeführt
o       entfachte mit seinen Theaterstücken Skandale
o       Verbindung mit Berliner Theaterwelt und Schriftstellern
·        lernte im März 1927 Kurt Weill kennen
o       bildeten ein Duo, das Text und Musik harmonieren ließ
o       „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ und die „Dreigroschenoper“
o       die Songs wurden weltweit vermarktet und somit zu Schlagern
o       Zusammenarbeit brachte großen ökonomischen Erfolg
o       Lehrstücke „Der Jasager“ („Die Maßnahme“ mit Eisler)
·        mit den Lehrstücken wurde Brecht immer mehr als Kommunist beschimpft
o       wurde durch Karl Korsch auf die Theorie aufmerksam gemacht
o       „Mein Lehrer ist ein enttäuschter Mann. Die Dinge, an denen er Anteil nahm, sind nicht so gegangen, wie er es sich vorgestellt hatte. Jetzt beschuldigt er nicht seine Vorstellungen, sondern die Dinge, die anders gegangen sind.“
o       sah seit dem Berliner Blutmai (1929) die KPD als einziges revolutionäres Potenzial
·        lernte Kurt Eisler kennen
·        1929: Arbeit mit Helene Weigel
·        1930: Geburt der Tochter Barbara
·        1932: Bekanntschaft mit Margarete Steffin
·        ab 1930: Störungen seiner Aufführungen
·        28.02.1933: Flucht aus Deutschland
·        10. Mai 1933: Bücherverbrennung
·        Werke:
o       Bertolt Brechts Hauspostille (1927 veröffentlicht)
o       Dreigroschenoper (Uraufführung: August 1928)
o       Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny (Uraufführung: März 1930)
o       der Jasager (Uraufführung: Juni 1930)
o       Die Maßnahme
o       Die heilige Johanna der Schlachthöfe (Uraufführung: April 1959)
o       Kuhle Wampe (Premiere: Mai 1932)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
d.      Auf der Flucht vor den Nationalsozialisten: Erste Exilstation in Svendborg (1933-1939)
 
·        Gedicht aus Lehrbuch
·        Juni 1933: Ankunft
·        fühlte sich sehr unwohl
·        Juli 1933: Aufführung der „Sieben Todsünden“ im Theater des Champs-Elyssees
·        hatte keinen Verlag mehr
·        Nachruf des Kommunismus blieb von hier an an ihm haften
·        1934: Dreigroschenroman
·        bekam viel Besuch
·        reiste viel
·        1935: Schriftstellerkongress in Paris
·        versuchte auf vielen Wegen, Einfluss auf die Entwicklung in Deutschland zu nehmen
o       beteiligte sich an Exilzeitschrift „Das Wort“
·        sah die Verbrechen der Nazis voraus
·        verließ Dänemark im April 1939
·        Werke:
o       Die Sieben Todsünden (Uraufführung: 1933)
o       Lieder, Gedichte, Chöre (1934 veröffentlicht)
o       Dreigroschenroman (1934 veröffentlicht)
o       Die Gewehre der Frau Carrar (Uraufführung: Oktober 1937)
o       Das Leben des Galilei (Uraufführung: September 1943 [dänische Fassung])
o       Svendborger Gedichte (1939 veröffentlicht)
 
 
 
 
 
e.       Zwischenstationen: Mit gepackten Koffern durch Schweden und Finnland (1939-1941)
 
·        schwedische Bildhauerin Ninnan Santesson stellte Haus auf Lidingö zur Verfügung
·        schloss Freundschaft mit Hans Tombrock
·        Mitte April 1940: Flucht nach Finnland
·        Mai 1941: Einreisevisavergabe für die USA
·        verfasste hier die Flüchtlingsgespräche
·        reiste über die UDSSR in die USA
·        Werke:
o       Flüchtlingsgespräche
o       Mutter Courage und ihre Kinder (Uraufführung: April 1941)
o       Der gute Mensch von Sezuan (Uraufführung: Februar 1943)
o       Herr Puntila und sein Knecht Matti (Uraufführung: Juni 1948)
o       Der Aufstieg des Arturo Ui (Uraufführung: November 1958)
 
 
f.        Hollywoods Profitmaschine: Isolation in Santa Monica (1941-1947)
 
·        Ankunft im Juli 1941 in Santa Monica (Kalifornien)
·        verachtete die gesellschaftlichen Verhältnisse in den USA
o       „Ich kann in diesem Klima nicht atmen“
o       Leuten, die stolz alles für käuflich hielten, war die Satire nicht mehr gewachsen
·        Versuche, in der Filmindustrie Fuß zu fassen, scheiterten
·        grenzte sich von den intellektuellen Exilantenkreisen ab
·        Februar 1942: Registrierung als „enemy alien“
·        ab Anfang 1943: Bespitzelung durch das FBI
o       es kamen keine Beweise für Brecht als Kommunisten heraus
·        Brecht sollte zwar in New York als Dozent an der New York School for Social Research Dramaturgie unterrichten, blieb aber in Kalifornien
·        verkaufte Filmstorys, Lieder und Gedichte
·        das Schreiben fiel ihm schwer
o       „Ich habe den Inhalt und Verse, aber das Ganze wird nichts. Hin und wieder kriege ich einen Schimmer von der Agonie des Unbegabten.“
·        war irgendwann mit allen wichtigen Exilanten und der Elite Hollywoods zusammen
o       Chaplin auch
·        Gründung des Council for a Democratic Germany: Mai 1944
o       erreichte nichts
·        verfasste das Leben des Galilei auf Englisch
·        wurde am 30.10.1947 vor dem Kongressausschuss für unamerikanische Aktivitäten auf kommunistische Tendenzen verhört
·        am Tag darauf: Abreise nach Deutschland
·        Werke:
o       Der kaukasische Kreidekreis (Uraufführung: Mai 1948)
o       Kalendergeschichten (1949 veröffentlicht)
 
g.       Rückkehr nach Deutschland: Theaterarbeit und Resignation (1947-1956)
 
·        während Exils 3 Uraufführungen am Schauspielhaus Zürich:
o       Mutter Courage und ihre Kinder
o       Der gute Mensch von Sezuan
o       Das Leben des Galilei
·        Aufenthaltserlaubnis in der Schweiz und Ankunft am 5.11.1947 in Zürich
·        wurde von den Behörden überwacht
·        Brecht wurde im Ostteil Berlins aktiv (unpolitisch)
·        Februar 1948: Bekanntschaft mit Gottfried von Einem
·        Januar 1949: Premiere von Mutter Courage und ihren Kindern in Berlin
o       bis 1954 200 Vorstellungen im ausverkauften Haus
·        April 1950: österreichische Staatsbürgerschaft
o       löste in Österreich einen Kulturskandal aus
·        Brecht wollte durch gezielte Dokumentation (Modellbücher) und Publizierung seiner Theatertechniken den Entwicklungsstand der Weimarer Republik wiedererreichen
·        April 1949: Gründung des Berliner Ensembles
·        Mai 1949: Umzug nach Berlin
·        plante, ein Augsburger Ensemble zu gründen, was nicht gelang
·        1951 entflammte eine Anti-Brecht-Kampagne
o       seine Stücke durften in der Schweiz nicht mehr aufgeführt werden
o       er wurde auf viele Weisen denunziert
 
·        die Theater widersetzten sich den Boykotten
·        er stieß überall auf massive politische Hemmnisse
·        Mai 1951 wurde von der SED ein Spitzel auf Brecht angesetzt
o       Zusammenarbeit mit sozialistischem Realismus war nicht mehr möglich
·        Juni 1951: Etikett „Proletkult“ wurde Brecht und anderen Autoren angeklebt
o       wollten Brücke nach Westen errichten
·        Versuche, in Verhandlungen mit der SED das beste fürs Theater herauszuholen
·        Brecht kritisierte die DDR bezüglich des 17.Juni und des Umgangs mit NS-Verbrechern (aber nicht öffentlich)
·        Boykott im Westen
·        hohes Ansehen im Ausland
·        Juli 1954 wurde das Theater am Schiffsbauerdamm ans BE übergeben
o       sehr erfolgreiche Don Juan- Aufführung im März 54
·        nach 1949: gesundheitliche Probleme
·        März 1952: Landsitz in Buckow
·        Oktober 1953: Haus Chausseestraße 125 (Berlin-Mitte)
·        1954: Stalin-Friedenspreis
·        Tod am 14.08.1956
·        Werke:
o       Der Hofmeister
 
 
3.    episches Theater
 
Der Zuschauer des dramatischen Theaters sagt: Ja, das habe ich auch schon gefühlt. - So bin ich. - Das ist nur natürlich. - Das wird immer so sein. - Das Leid dieses Menschen erschüttert mich, weil es keinen Ausweg für ihn gibt. - Das ist große Kunst: da ist alles selbstverständlich. - Ich weine mit den Weinenden, ich lache mit den Lachenden.
Der Zuschauer des epischen Theaters sagt: Das hätte ich nicht gedacht. - So darf man es nicht machen. - Das ist höchst auffällig, fast nicht zu glauben. - Das muß aufhören. - Das Leid dieses Menschen erschüttert mich, weil es doch einen Ausweg für ihn gäbe. - Das ist große Kunst: da ist nichts selbstverständlich. - Ich lache über den Weinenden, ich weine über den Lachenden.
 
-Brecht 1929
 
·        Frage nach Bedeutung „episch“
·        Definition episches Theater:
o       moderne dramatische Form, bei welcher es weniger um individuelle Schicksale als um gesellschaftliche Beziehungen geht, die z.T. verfremdend dargestellt werden
·        Dreigroschenoper als episches Theaterstück
·        theoretischer Text von Brecht
·        Das epische Theater will:
o       einen aktiv mitdenkenden Zuschauer, der das Geschehen auf der Bühne als Spiel durchschaut und seine Lehren daraus zieht (Lehrstücke)
o       die Illusion des Bühnenerlebnisses aufheben
o       die Aktivität des Zuschauers vor allem durch sog. Verfremdungseffekte (V-Effekte) wecken
o       die Kritikfunktion des Dramas betonen und die Unterhaltungsfunktion zurückdrängen
·        Verfremdung
o       „Einen Vorgang oder einen Charakter verfremden heißt zunächst einfach, dem Vorgang oder dem Charakter das Selbstverständliche, Bekannte, Einleuchtende zu nehmen und über ihn Staunen und Neugierde zu erzeugen.” - (B. Brecht: Das Prinzip der Verfremdung. In: Schriften zum Theater I)
o       Mittel der Verfremdung in der Textvorlage
§         Handlung in örtlicher und/oder zeitlicher Distanz
§         kein dramatischer Handlungsverlauf
§         austauschbare Szenen
§         ungewohnte Blickwinkel
§         Satire, gesellschaftlich Hochstehende werden der Lächerlichkeit preisbegeben
§         offener Schluss
o       Mittel der Verfremdung in der Theaterpraxis
§         Figur des epischen Erzählers
§         direkte Zuschaueransprache (Sprechen ad spectatores)
§         Inhaltsangaben vor der Szene (von einem Schauspieler gesprochen, auf Tafeln oder Spruchbändern bzw. durch Projektionen eingeblendet)
§         Kommentar durch Erzähler oder Songs
§         oft kein Vorhang, Theatermaschinerie ist sichtbar, Umbauten auf offener Bühne
§         neue Schauspielmethode: keine Identifikation mit der Figur, der Schauspieler spielt die Rolle, aber tritt auch manchmal aus ihr heraus
§         die Rolle/Figur ”zeigen”, nicht ”sein”
§         der Schauspieler hat Abstand/Distanz zu seiner Rolle, identifiziert sich nicht mit der Figur
§         oft Gebrauch von Masken, sparsamer Gebrauch von Kulissen
o       Ziel: Verhinderung von Identifikation.
 
Bertolt Brecht (1898-1956), Über experimentelles Theater (1939)
 
[...] Die Einfühlung ist das große Kunstmittel einer Epoche, in der der Mensch die Variable, seine Umwelt die Konstante ist. Einfühlen kann man sich nur in den Menschen, der seines Schicksals Sterne in der eigenen Brust trägt, ungleich uns.
Es ist nicht schwer, einzusehen, daß das Aufgeben der Einfühlung für das Theater eine riesige Entscheidung, vielleicht das größte aller denkbaren Experimente bedeuten würde.
Die Menschen gehen ins Theater, um mitgerissen, gebannt, beeindruckt, erhoben, entsetzt, ergriffen, gespannt, befreit, zerstreut, erlöst, in Schwung gebracht, aus ihrer eigenen Zeit entführt, mit Illusionen versehen zu werden. All dies ist so selbstverständlich, daß die Kunst geradezu damit definiert wird, daß sie befreit, mitreißt, erhebt und so weiter. Sie ist gar keine Kunst, wenn sie das nicht tut.
Die Frage lautete also: Ist Kunstgenuß überhaupt möglich ohne Einfühlung oder jedenfalls auf einer andern Basis als der Einfühlung?
Was konnte eine solche neue Basis abgeben?
Was konnte an die Stelle von Furcht und Mitleid gesetzt werden, des klassischen Zwiegespanns zur Herbeiführung der aristotelischen Katharsis? Wenn man auf die Hypnose verzichtete, an was konnte man appellieren? Welche Haltung sollte der Zuhörer einnehmen in den neuen Theatern, wenn ihm die traumbefangene, passive, in das Schicksal ergebene Haltung verwehrt wurde? Er sollte nicht mehr aus seiner Welt in die Welt der Kunst entführt, nicht mehr gekidnappt werden; im Gegenteil sollte er in seine reale Welt eingeführt werden, mit wachen Sinnen. War es möglich, etwa anstelle der Furcht vor dem Schicksal die Wissensbegierde zu setzen, anstelle des Mitleids die Hilfsbereitschaft? Konnte man damit einen neuen Kontakt schaffen zwischen Bühne und Zuschauer, konnte das eine neue Basis für den Kunstgenuß abgeben?
Ich kann die neue Technik des Dramenbaus, des Bühnenbaus und der Schauspielweise, mit der wir Versuche anstellten, hier nicht beschreiben. Das Prinzip besteht darin, anstelle der Einfühlung die Verfremdung herbeizuführen.
Was ist Verfremdung?
Einen Vorgang oder einen Charakter verfremden heißt zunächst einfach, dem Vorgang oder dem Charakter das Selbstverständliche, Bekannte, Einleuchtende zu nehmen und über ihn Staunen und Neugierde zu erzeugen. Nehmen wir wieder den Zorn des Lear über die Undankbarkeit seiner Töchter. Vermittels der Einfühlungstechnik kann der Schauspieler diesen Zorn so darstellen, daß der Zuschauer ihn für die natürlichste Sache der Welt ansieht, daß er sich gar nicht vorstellen kann, wie Lear nicht zornig werden könnte, daß er mit Lear völlig solidarisch ist, ganz und gar mit ihm mitfühlt, selber in Zorn verfällt. Vermittels der Verfremdungstechnik hingegen stellt der Schauspieler diesen Learschen Zorn so dar, daß der Zuschauer über ihn staunen kann, daß er sich noch andere Reaktionen des Lear vorstellen kann als gerade die des Zornes. Die Haltung des Lear wird verfremdet, das heißt, sie wird als eigentümlich, auffallend, bemerkenswert dargestellt, als gesellschaftliches Phänomen, das nicht selbstverständlich ist. Dieser Zorn ist menschlich, aber nicht allgemein menschlich, es gibt Menschen, die ihn nicht empfänden. Nicht bei allen Menschen und nicht zu allen Zeiten müssen die Erfahrungen, die Lear macht, Zorn auslösen. Zorn mag eine ewig mögliche Reaktion der Menschen sein, aber dieser Zorn, der Zorn, der sich so äußert und seine solche Ursache hat, ist zeitgebunden. Verfremden heißt also Historisieren, heißt Vorgänge und Personen als historisch, also als vergänglich darstellen. Dasselbe kann natürlich auch mit Zeitgenossen geschehen, auch ihre Haltungen können als zeitgebunden, historisch, vergänglich dargestellt werden.
Was ist damit gewonnen? Damit ist gewonnen, daß der Zuschauer die Menschen auf der Bühne nicht mehr als ganz unänderbare, unbeeinflußbare, ihrem Schicksal hilflos ausgelieferte dargestellt sieht. Er sieht: dieser Mensch ist so und so, weil die Verhältnisse so und so sind. Und die Verhältnisse sind so und so, weil der Mensch so und so ist. Er ist aber nicht nur so vorstellbar, wie er ist, sondern auch anders, so wie er sein könnte, und auch die Verhältnisse sind anders vorstellbar, als sie sind. Damit ist gewonnen, daß der Zuschauer im Theater eine neue Haltung bekommt. Er bekommt den Abbildern der Menschenwelt auf der Bühne gegenüber jetzt dieselbe Haltung, die er als Mensch dieses Jahrhunderts der Natur gegenüber hat. Er wird auch im Theater empfangen als der große Änderer, der in die Naturprozesse und die gesellschaftlichen Prozesse einzugreifen vermag, der die Welt nicht mehr nur hinnimmt, sondern sie meistert. Das Theater versucht nicht mehr, ihn besoffen zu machen, ihn mit Illusionen auszustatten, ihn die Welt vergessen zu machen, ihn mit seinem Schicksal auszusöhnen. Das Theater legt ihm nunmehr die Welt vor zum Zugriff. [...]
 
·       Der gute Mensch von Sezuan als Beispiel für episches Theater
o      Inhalt:
§       3 Götter kommen nach Sezuan, um zu überprüfen, ob die Welt so bleiben kann, wie sie ist
§       Bedingung: es müssen genug gute Menschen gefunden werden, die ein menschenwürdiges Dasein leben können
§       sie schenken der Hure Shen Te Geld, die damit ein Tabakgeschäft eröffnet
§       Shen Te ist zu gutmütig und erfindet einen Vetter namens Shui Ta, der härter ist
§       Shui Ta vertreibt die Schmarotzer
§       Shen Te verliebt sich in den Flieger Sun, der sie hintergeht
§       als Shen Te schwanger wird gewinnt mehr und mehr Shui Ta die Oberhand, baut ein Tabakimperium auf und beutet Menschen aus
§       Shui Ta wird wegen Mordes an Shen Te angezeigt
§       die Götter halten Gericht, und Shen Te lüftet ihr Geheimnis
§       die Götter erkennen in ihr den guten Menschen und sehen ihre Mission als erfüllt an
§       Shen Te breitet verzweifelt die Arme nach ihnen aus, aber es hilft nichts
§       episches Theater:
·        durch die Götter sieht das Spiel wie ein Theater im Theater aus
·        es wird den Zuschauern überlassen, einen guten Schluss zu finden
·        die gesellschaftlichen Verhältnisse werden offengelegt
·        es wird dem Publikum schwer gemacht, mit den Figuren mitzufühlen
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
4.    Brecht heute
 
  • Studie (vom Literaturmagazin „bücher“ beim Gewis-Institut) zum 50. Todestag:
    • 55 Prozent hatten nur in der Schulzeit Kontakt mit Brechts Werk
    • in diesem oder im vorigen Jahr haben nur zwei Prozent etwas davon gelesen
    • 42 Prozent der Bundesbürger haben das noch nie oder erinnern sich nicht daran
    • Brechts Biographie ist den meisten hierzulande unbekannt
    • dass er das Berliner Ensemble gründete, wissen acht Prozent
      • drei Prozent denken irrtümlich an die Berliner Schaubühne, die übrigen 89 Prozent haben keine Ahnung, welches Theater Brecht gegründet haben könnte
    • (1084 Frauen und Männer zwischen 16 und 65 Jahren wurden befragt)
  • wird 300.000 mal jährlich verkauft
  • 16,5 Mio. Bücher von Bertolt Brecht hat der Suhrkamp Verlag bislang verkauft
  • Werk ist übersetzt in über 50 Sprachen
  • Brecht ist nach wie vor führend auf den Spielplänen deutscher Theater
  • intellektuelle Toderklärung Brechts (viel reden)
„Nach dem Aufstand des 17. Juni
ließ der Sekretär des Schriftstellerverbands
In der Stalinallee Flugblätter verteilen
Auf denen zu lesen war, dass das Volk
Das Vertrauen der Regierung verscherzt habe
Und es nur durch doppelte Arbeit
Zurückerobern könne. Wäre es da
Nicht doch einfacher, die Regierung
Löste das Volk auf und
Wählte ein anderes?“
  • 500 Brechtaufführungen im Ausland in den letzten 10 Jahren
  • Verkaufszahlen seiner Bücher
    • Mutter Courage und ihre Kinder: 3 Millionen
    • Leben des Galilei: 2,9 Millionen
    • Der gute Mensch von Sezuan: 2,8 Millionen
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Werke
 
Die heilige Johanna der Schlachthöfe
 
  • Heilsarmistin Johanna Dark will Übel der Welt auf den Grund gehen und Ursache für Armut finden
  • sie tritt 3 Gänge „in die Tiefe“ an
    • Arbeiterfrau isst ihren eigenen Mann
  • Johanna diagnostiziert Rohheit und Schlechtigkeit
  • sie bewegt den Fabrikbesitzer dazu, Maßnahmen zu treffen, die scheinbar den Arbeitern helfen
    • diese werden vom Fabrikbesitzer Mauler konterkariert
  • Lage der Arbeiter eskaliert, Streik bricht aus
  • Johanna will helfen und bekommt wichtigen Brief anvertraut
    • auf Grund von Hunger und Kälte übergibt sie diesen nicht, sondern flieht
  • sie stirbt an einer Lungenentzündung
  • ihre Einsicht: „Nur Gewalt hilft, wo Gewalt herrscht.“
 
Kuhle Wampe
 
  • Episodenfilm, der durch eine Liebesgeschichte lose zusammengehalten wird
  • Episode 1:
    • Annis Bruder begeht Selbstmord, Familie zieht nach Kuhle Wampe
    • Anni ist von Fritz schwanger
  • Episode 2:
    • Verlobungsfeier endet in einem Fress- und Saufgelage
    • Fritz und Anni trennen sich und der Fötus wird abgetrieben
  • Episode 3:
    • friedlicher Sportwettkampf
  • Episode 4:
    • auf Rückfahrt vom Sportwettkampf: Meinungsstreit wegen Kaffeeverbrennung in Brasilien
    • Fazit: Die Welt muss von denen verändert werden, denen sie nicht gefällt
 
 
Trommeln in der Nacht
 
  • Held Kragler kommt zu spät aus dem Krieg und muss bemerken, dass seine Braut vergeben ist
  • entscheidet sich aus Enttäuschung, sich der Revolution anzuschließen
  • will dann doch „vernünftig“ werden und kämpft um die Frau, was siegreich endet
 
Der Gute Mensch von Sezuan
 
·       3 Götter kommen nach Sezuan, um zu überprüfen, ob die Welt so bleiben kann, wie sie ist
·       Bedingung: es müssen genug gute Menschen gefunden werden, die ein menschenwürdiges Dasein leben können
·       sie schenken der Hure Shen Te Geld, die damit ein Tabakgeschäft eröffnet
·       Shen Te ist zu gutmütig und erfindet einen Vetter namens Shui Ta, der härter ist
·       Shui Ta vertreibt die Schmarotzer
·       Shen Te verliebt sich in den Flieger Sun, der sie hintergeht
·       als Shen Te schwanger wird gewinnt mehr und mehr Shui Ta die Oberhand, baut ein Tabakimperium auf und beutet Menschen aus
·       Shui Ta wird wegen Mordes an Shen Te angezeigt
·       die Götter halten Gericht, und Shen Te lüftet ihr Geheimnis
·       die Götter erkennen in ihr den guten Menschen und sehen ihre Mission als erfüllt an
·       Shen Te breitet verzweifelt die Arme nach ihnen aus, aber es hilft nichts
 
 
Der Dreigroschenroman
 
  • Räuber der Dreigroschenoper sind in die Geschäftswelt gewechselt
  • über Leichen gelingt es Macheath, die Konkurrenten auszuschalten, die Banken zu übernehmen und ein mächtiges, marktbeherrschendes Syndikat zu gründen
  • Peachum und Macheath versöhnen sich
  • Heirat mit Polly wird glücklich
  • Erzähler Fewkoombey kommt an den Galgen
 
Mutter Courage und ihre Kinder
 
  • Mutter Courage hat von verschiedenen Männern 3 Kinder
  • zieht als Händlerin durch den 30jährigen Krieg
  • zu Beginn des Stückes verliert sie ihr Pferd
  • ein Kind nach dem anderen kommt abhanden
  • sie denkt nur ans Geschäft und greift nicht ein
  • am Ende zieht sie ihren Wagen selbst
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