Goethe, Johann Wolfgang: Iphigenie auf Tauris

Schlagwörter:
Analyse und Interpretation der Szenen IV, 2 und 3, Monolog, Dialog, Aktualitätsgedanke, Referat, Hausaufgabe, Goethe, Johann Wolfgang: Iphigenie auf Tauris
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Referat

„Iphigenie auf Tauris“


Gliederung

A Hintergrundinformationen zum Werk

B Analyse und Interpretation der vorliegenden Szenen
I Thema und Inhalt
II Einordnung in den Gesamtzusammenhang
III Argumentationsverlauf unter Einbeziehung der
sprachlichen Mittel
1. Dialog zwischen Iphigenie und Arkas
2. Monolog der Iphigenie

C Aufgreifen des Aktualitätsgedankens


Das Werk „Iphigenie auf Tauris“ entstammt der Feder des Johann Wolfgang von Goethe. Sein 1786 in Jamben umgeschriebenes Werk gilt heute als Höhepunkt des deutschen klassischen Dramas.
In seinem Ideendrama entfaltet er den Humanitätsgedanken in höchster Vollendung.
Seine Titelgestalt stellt ein unerreichbares Idealbild eines Menschen dar, dessen Handlungsweise aus rein menschlicher Sicht perfekt ist.
Es geht Goethe also in erster Linie um die Selbstbestimmung des Menschen, einerseits gegenüber anderen Menschen und gegenüber dem Göttlichen andererseits.

Dieser Gedanke verbirgt sich in der von Goethe verwendeten griechischen Sage um den Tantalidenfluch.
Das Stück hat seinen Handlungsort auf einer Insel, am Hain der Göttin Diana, es spielt innerhalb weniger Stunden und da nur fünf Personen an der Darstellung beteiligt sind, handelt es sich hier um die perfekte Einhaltung des Aristotelischen Dramas.
Kurz vor dem trojanischen Krieg soll Iphigenie der Göttin Diana geopfert werden. Diese findet jedoch Erbarmen und schickt sie als Priesterin auf die Insel Tauris. Iphigenie lebt und dient dort mit leichtem Widerwillen und sehnt sich nach Heimat und Familie.
Sie genießt bei den Tauren ein gewisses Ansehen und es gelang ihr, den barbarischen Brauch, nachdem alle Fremden der Diane geopfert werden, abzuschaffen.
Doch als sie die Heirat mit Thaos, dem König der Taurer ablehnt, droht dieser die Sitte wiedereinzuführen, indem er zwei kürzlich Gelandete opfern will.
Bei diesen Fremden handelt es sich um Orest, dem von den Erinnyen verfolgten Bruder der Iphigenie sowie um Pylades, dessen Cousin. Sie wollen mit einer Statue der Diane nach Griechenland zurückkehren und dadurch Orest von einem Fluch zu erlösen.
Um ihren Plan zu verwirklichen, brauchen sie die Hilfe von Iphigenie. Diese stimmt zu und will selbst mit ihnen fliehen.
Bis zu diesem Punkt kann Iphigenie sich ihre Menschlichkeit durch eigenständiges und selbstverantwortliches Handeln mühelos gegen jede Fremdeinwirkung bewahren.
Aber in der Szene IV, 2 und 3 kommt diese selbstbewusste Iphigenie ins Wanken.
Als Pylades sie auffordert den König und dessen Diener Arkas zu belügen, wird sie plötzlich unsicher.
Und „ (...) es trübt sich (ihre) Seele,
da (sie) des Mannes Angesicht erblick(t),
dem (sie) mit falschem Wort begegnen soll“. (V. 1418-1420)

Den Dialog zwischen Arkas und Iphigenie beginnt Arkas mit den Worten: „Beschleunige dein Opfer Priesterin! Der König wartet und es harrt das Volk“ (V. 1421-1423)
Schon der verwendete Chiasmus zeugt von der unterschiedlichen Auffassung der Menschenopfers. Der König benutzt es als Druckmittel auf Iphigenie und das Volk freut sich auf das Schauspiel.
Iphigenie antwortet auf die klare Forderung mit der vorbereiteten Ausrede. Sie spricht von einem „Hindernis“, welches „sich zwischen (sie) und die Erfüllung stellt(e)“ (V.1424-1425)
In dieser Aussage wird das „Hindernis“ besonders durch den verschobenen Satzbau (Inversion) betont und damit auch die Bedeutung und die Folgen des „Hindernisses“.
Iphigenie verzerrt die Wahrheit, indem sie klar macht, dass das Bild der Göttin von der Schuld eines der Männer reingewaschen werden muss, bevor das Opfer stattfindet.
In ihren Worten lässt sich etwas von ihrer Unsicherheit erkennen. Sie reiht die Sätze ohne Konjunktion aneinander, als ob sie die Lüge schneller hinter sich bringen möchte.
Arkas fordert sie daraufhin auf, die Meinung des Königs abzuwarten (V. 1442).
Ab hier erstreckt sich über acht Verse ein Wechsel von Rede und Gegenrede. In der Stichomythie drücken die Sprecher ihre unterschiedlichen Meinungen aus und greifen dabei meist etwas auf, das der andere erwähnt hat.
Zum Beispiel gibt es eine Anadiplose mit dem Wort „versagen“ in Vers 1448-1449.
Weiterhin sagt Iphigenie: „Ich gebe nach, wenn du nicht säumen willst“. Und Arkas erwidert: „Schnell bin ich mit der Nachricht im Lager(...)“ (V. 1450-1451).
Meistens drehen die Beiden die Bedeutung des Gesagten um und rechtfertigen somit ihr Handeln und Denken.
Noch im Redeanteil des Arkas wendet sich das Gespräch einem anderen Thema zu.
Der Vertraute des Thoas betont seine Hoffnung dem König „noch eine Botschaft (zu) bringen“ (V.1453).
Er sieht in der Heirat von Thoas mit Iphigenie die Lösung von allem, „was (...) jetzt verwirrt“ (V.1454)
Nach diesem Abschnitt beginnt wieder ein Teil mit Rede und Gegenrede der Beiden.
Iphigenie will ihre Entscheidung erklären, doch Arkas glaubt, dass sie ihren „Sinn“ immer „zur rechten Zeit“ ändert (V.1457). Vielleicht deutet diese Aussage auch schon ein Misstrauen gegen über der Priesterin an. Außerdem hält er sie nicht für ehrgeizig und etwas feige, seinen Worten-„Du hälst für unmöglich, was dir Mühe kostet“ - zu urteilen (V. 1459). Iphigenie ihrerseits glaubt, dass Arkas allein von seinem Wunsch, Iphigenie als Königin zu haben, besessen ist und somit nicht realistisch denkt.
Die Priesterin verweist auf den „Fingerzeig“ der Götter(V. 1464), doch Arkas kennt ihre Einstellung zu den Göttern und behauptet, dass alles allein in “(ihrer) Hand“ liegt (V. 1465).
Die Antithese des „Fingerzeigs“ und der ganzen „Hand“ spiegelt die unterschiedlichen Meinungen mit klarer Deutlichkeit wieder.
Arkas beginnt hierauf Iphigenie an ihre Stellung in Tauris zu erinnern. Er weist darauf hin, dass sie es war, die das Opfer abgeschafft hat und dass das Volk schon längst „vom harten Opfer“ „entwöhnt“ ist. Es wäre unmenschlich von ihr dieses wieder einführen zulassen. Arkas kommt richtig ins Schwärmen und ist überzeugt, dass sie, als „göttergleich(es)“ „Menschenangesicht“ das Reich und das Volk der Taurer zu „Leben, Mut und Kraft“ geführt hat. (V.1467-1482)
Iphigenie will sich nicht beeinflussen lassen und stellt ihre Selbstentschlossenheit zur Schau (V.1483-1484).
Arkas appelliert bewusst an das Herz der Priesterin und drängt nach wie vor auf eine baldige Heirat(V.1485-1486).
In der weiterfolgenden Distichomythie fordert Iphigenie Arkas auf, ihre „Schmerzen“ zu beenden und sie in Ruhe zu lassen (V.1487-1488). Aber der Vertraute des Königs hofft auf Mitleid und Güte der „schönen Seele“ (V. 1493) und versucht zu Ende der Szene den Widerwillen noch zu brechen, indem er sie an die Wohltaten Thoas ihr gegenüber erinnert (V.1500-1501). Arkas ist schlussendlich enttäuscht Iphigenie so abgeneigt zu sehen, so dass er zuletzt zu der Bestechung der schönen Seele greift. Er hofft durch das Hervorheben des edlen Betragens des Königs und des positiven Wirkens von Iphigenie auf ihn und das Volk der Taurer, das Herz der Priesterin zu erweichen.
Die im Disput unter den Sprechern gleichmäßig aufgeteilten Redeanteile deuten auf eine Gleichberechtigung im sozialen Gefüge hin.
Zum Ende dieser Szene ist kein wirkliches Gesprächsziel zu erkennen. Der Einfluss von Arkas Reden ist erst in der nächsten Szene zu erkennen.
Im Auftritt IV, 3 hält Iphigenie einen Monolog, indem sie über ihr bisheriges Handeln zweifelt.

Iphigenie wird durch das vorherige Gespräch mit Arkas zum Nachdenken angeregt.
Sie wird von Zweifeln geplagt und ist plötzlich unsicher, ob ihr handeln wirklich das Beste für alle ist.
Ihr Monolog ist von einem Asyndeton durchzogen, der im schnellen Gedankenfluss treffend dargestellt wird.
Die Metapher vom Felsen und dem Wasser beschreiben ihren seelischen Zustand und durchwirken ebenfalls das gesamte Selbstgespräch (V.1506-1510).
Ihre Freude über das Wiedersehen mit ihrem Bruder hat sie blind gemacht für die „Menschen hier“ (V.1524).
In gewisser Weise gesteht sie sich selbst keine Schuld ein, sondern spricht von ihrem „Bruder“, der ihr „Herz mit einziger Gewalt“ „ergriff“ (V.1516-1517).
Und da Tauris nie ihre Heimat war, wie durch den Vergleich mit dem Schiffer und der wüsten Insel verdeutlicht wird (V.1520-1521),
sah sie in ihrem Wunsch nach Flucht keinen Fehler.
Nach der Rede des Arkas denkt sie aber an das Volk und fühlt sich ihm gegenüber verpflichtet. Und so wird „doppelt der Betrug (ihr) verhasst“ (V.1525-1526), was durch die Inversion noch zusätzlich unterstrichen wird.
Das sonst ruhige Sprechen der Iphigenie wird in dieser Szene von einer Exclamatio durchbrochen: „O bleib ruhig, meine Seele!“ (V.1526)
Die folgenden Zeilen verstärken ihre Unsicherheit noch mehr.
In dem Vers 1517 scheint es sogar, als ob Iphigenie eigentlich gar nicht nachdenken möchte, sondern nur von ihrem schlechten Gewissen in eine Flucht ins Ungewisse getrieben wird (V.1531).
Der Auftritt endet in ihren Gedanken und wird von dem Hinzukommen von Pylades im vierten Auftritt unterbrochen.
Sogar zum Ende der Szene IV, 3 ist noch nicht klar welchen Weg Iphigenie einschlagen möchte.

Im weiteren Verlauf des Dramas wird erkennbar, dass Iphigenie reine Menschlichkeit verkörpert und dadurch einen positiven Einfluss auf Thoas ausübt, welcher infolgedessen die drei Griechen in Frieden ziehen lässt.
Bei Goethe nimmt der zur Selbstbestimmung fähige Mensch sein Schicksal selbst in die Hand.
Iphigenie könnte dem Götterglauben einfach und ohne Komplikationen folgen, aber sie überwindet die Versuchung und stellt sich gewissen Gefahren. Das Stück beschreibt den Übergang vom festen Schicksal, dem man nur mit „Gewalt und List“ (V. 2142) entgehen kann, zur freien Gewissensentscheidung des Menschen („Wahrheit dieser hohen Seele“ (V.2143)), als Vorraussetzung für eine humane irdische Ordnung.
Abschließend lässt sich weiterhin sagen, dass Goethes Werk von den Ideen Johann Joachim Winkelmanns geprägt ist.
Winkelmann glaubt an die „edle Einfalt und die stille Größe“.
Dies lässt sich auf die „Iphigenie auf Tauris“ übertragen:
In ihrem Thema geht es um Menschlichkeit und dem Entschluss nach ihr zu handeln.
Die Handlungsweise ist ruhig und unspektakulär, also „still“ und noch dazu argumentativ geprägt.
Als letzter Punkt kommen die ethnischen Aspekte hinzu.
Die handelnden Personen denken „edel“ und geradlinig.

In der heutigen Zeit behält dieses Werk uneingeschränkt seine Aktualität, entfernen wir uns doch in der Gesellschaft immer weiter von dem genannten Ideal der reinen Menschlichkeit.

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